Die Wikingersklavin by Sabine Wassermann

Die Wikingersklavin by Sabine Wassermann

Autor:Sabine Wassermann [Wassermann, Sabine]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-11-15T23:00:00+00:00


10.

Vitnir rollte von ihr herunter. Er hatte sich, wie häufiger in letzter Zeit, umsonst an ihr abgearbeitet. Nun lag er rücklings neben ihr und starrte, wie sie, an die Decke und zählte vielleicht, wie sie, die zwischen den Balken herabhängenden Strohfäden. Das konnte man auch des Nachts, denn er leistete sich stets, eine kostbare Wachskerze brennen zu lassen.

Fast meinte sie, sein Starren hören zu können. Er lag so steif wie sie. Ihre Scham brannte – sie hatte sich nie daran gewöhnt. Ingunn, die Hebamme und Heilfrau des Dorfes, hatte behauptet, nach der Geburt sei es leichter. Doch das hatte sich als falsch erwiesen.

Langsam, damit er es nicht merkte, kehrte sie ihm den Rücken zu. Sie wusste, dass er es merkte. Sie glaubte auch zu wissen, woran er immer dachte, wenn er so still lag wie jetzt. Das hatte er einmal zugegeben. Beide quält uns in schlaflosen Nächten derselbe Mann … Vitnir ist erschüttert, weil er noch leben könnte, und ich bin es, weil ich glauben möchte, dass er tot ist, damit ich ihn vergessen kann.

Vitnir war schweigsam. Nur gelegentlich überkam es ihn; dann erzählte er aus seiner Vergangenheit, mit Vorliebe von seiner Zeit als Wikinger, als Warägerkrieger in Miklagard. Viele wunderliche Dinge wusste er vom glanzvollen Byzantinischen Kaiserhof zu erzählen. Wie etwa jene Geschichte von der Kaiserin Zoe, die jeden einflussreichen Mann in ihr Bett geholt und sogar einen Liebhaber angestiftet hatte, ihren Gemahl zu ertränken. Den Mörder hatte sie zum Mann genommen und zum Herrscher gemacht, doch glücklich, wie sollte es anders sein, war sie nicht geworden. Ich habe nie herausbekommen, ob Harald Hardrada auch in ihrem Bett war, hatte Vitnir genüsslich erzählt. Aber darauf wetten würde ich.

Sophia hatte gewartet, dass er erzählen würde, er selbst sei in Zoes Bett gewesen. Vielleicht hätte ihr die Vorstellung sogar gefallen, als Sklavin einen Platz einzunehmen, den einstmals eine so mächtige Frau für sich beansprucht hatte. Dann hätte sie sich etwas weniger klein gefühlt. Die meisten Bisunder verachteten sie nach wie vor. Weshalb, war nicht schwer zu erraten: Sie lag in einem Bett, in das sich so manche Frau wünschte. Sie, eine Sklavin. Die nicht einmal schön war.

Endlich hörte sie seinen lauten und regelmäßigen Atem, der in leises Schnarchen überging. Langsam, damit die Bettbespannung nicht knirschte und die Bohlen unter ihren Füßen nicht knarrten, schlüpfte sie hinaus, warf sich einen Umhang über und tastete sich die Leiter hinunter. Er mochte es nicht, wenn sie verschwand, solange er noch wach war, und sie mochte es nicht, länger als nötig fort von Bý zu sein.

Die Halle war wie üblich erfüllt vom Schnarchen, Wispern im Schlaf, dem Geräusch Liebender und gelegentlichem Zischen, wenn sich jemand allzu sehr gestört fühlte. Sophia hatte längst gelernt, sich lautlos zu bewegen. Zielsicher fand sie die schlafende Erla. Die Haushälterin hielt das gewickelte Kind im Arm. Da neben ihr kein Platz mehr war, hockte sich Sophia auf den Boden und legte eine Wange an das zarte Kaninchenfell. Vorsichtig streckte sie sich nach Býs Gesichtchen und strich mit der Fingerspitze über die Wange.



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